Die Haut verzeiht nichts

Wer im Sommer an Baustellen vorbeikommt, sieht es häufig: Die Beschäftigten arbeiten oft mit freiem Oberkörper oder im Unterhemd. Dieses Verhalten ist leichtsinnig, denn die Wahrscheinlichkeit, einen Hautkrebs zu entwickeln, steigt deutlich.

Hautkrebs ist die häufigste Krebserkrankung überhaupt. Die meisten Menschen erkranken an Hautkrebsarten wie dem Basalzellkarzinom oder dem Plattenepithelkarzinom, die beide umgangssprachlich als weißer Hautkrebs bezeichnet werden. Beide Arten bilden nur selten Metastasen im Gegensatz zum malignen Melanom, dem schwarzen Hautkrebs, der sich bereits früh im Körper ausbreiten und Metastasen in verschiedenen Organen bilden kann. 

Dennoch kann auch der vergleichsweise harmlose weiße Hautkrebs die Lebensqualität stark einschränken, denn er kann in das umgebende Gewebe, zum Beispiel in den Knochen, einwachsen. 

In Deutschland waren im Jahr 2018 geschätzt rund 200.000 Personen erstmalig an weißem Hautkrebs erkrankt, etwa 1.000 Patienten sind in diesem Jahr daran gestorben. 

Der Zusammenhang zwischen der Entstehung eines Tumors und der Intensität und Dauer der Sonneneinstrahlung auf die ungeschützte Haut gilt als gesichert. Nach dem aktuellen Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Forschung können bestimmte Hautkrebsarten durch arbeitsbedingte UV-Strahlungsexposition wesentlich mitverursacht und damit wie eine Berufskrankheit anerkannt und entschädigt werden. Daher ist der weiße Hautkrebs seit 2015 als Berufskrankheit (BK-Nr. 5103) anerkannt. Bereits unmittelbar nach der Anerkennung wurde er zu einer der am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten. 

Besonders gefährdet sind Beschäftigte, die viel im Freien arbeiten, wie Bauarbeiter oder Landwirte, Gärtner oder auch Postboten und Bademeister. Bei der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) beispielsweise gingen im vergangenen Jahr 2.592 Verdachtsanzeigen für dieses Krankheitsbild ein. In der Mehrzahl der gemeldeten Fälle trat die Erkrankung erst im Rentenalter auf. 

Die Haut verzeiht nichts: Baustellenschutzhelm gegen Sonneneinstrahlung
Ein Baustellenschutzhelm mit Nackenschutz. Foto: Andreas Arnold/Universum Verlag
Die Haut verzeiht nichts: Tabelle zur UV-Strahlenbelastung in ausgewählten Berufen
Grafik: Liebchen+Liebchen GmbH

Die UV-Strahlung schädigt die Haut, auch wenn gar kein Sonnenbrand auftritt. Eine hohe und dauerhafte Belastung verursacht irreversible Schädigungen. Der Klimawandel sorgt in Mitteleuropa zusätzlich für höhere Temperaturen und führt zu einer weiter steigenden UV-Belastung. In den Monaten April bis September strahlt die Sonne so stark, dass Schutzmaßnahmen erforderlich sind, insbesondere zwischen 11 Uhr und 16 Uhr. Ein Indikator für Maßnahmen ist der UV-Index.

WAS IST DER UV-INDEX?

Dieser Index ist ein international normiertes Maß für die sonnenbrandwirksame solare Bestrahlungsstärke. Je höher der UV-Index ist, desto schneller können bei ungeschützter Haut durch UV-Strahlung bedingte gesundheitliche Schäden auftreten. Er variiert mit der Bewölkung, dem Sonnenstand (also mit geografischer Breite, Tages- und Jahreszeit), der Dicke der Ozonschicht sowie mit der Höhe des Ortes. Die aktuellen Werte lassen sich beispielsweise beim Deutschen Wetterdienst oder beim Bundesamt für Strahlenschutz online abrufen.

Bereits ab einem UV-Index von 3 (der Höchstwert beträgt 11) sind Maßnahmen zum Schutz vor UV-Strahlung erforderlich. Das Instrument bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen ist die Gefährdungsbeurteilung. Die Rangfolge der Maßnahmen erfolgt nach dem STOP-Prinzip: Substitution vor technischen, vor organisatorischen, vor persönlichen Schutzmaßnahmen. Der wirksamste Schutz vor UV-Strahlung ist demnach, wenn man gar nicht erst in der Sonne arbeitet. Das ist in vielen Fällen nicht möglich, also muss der Arbeitgeber über technische Maßnahmen nachdenken wie beispielsweise Überdachungen, Wetterschutzzelte oder Sonnensegel. Auch geschlossene, überdachte und klimatisierte Fahrzeugkabinen und UV-Strahlen absorbierende Fenster bei Fahrzeugen wie Bussen, Gabelstaplern oder Baggern reduzieren die UV-Belastung erheblich.

Wenn auch das nicht umgesetzt werden kann, sind organisatorische Maßnahmen an der Reihe. Dazu zählt unter anderem die Verlegung der Arbeitszeit in die Stunden vor 11 Uhr oder nach 16 Uhr, wenn die UV-Belastung geringer ist. Zudem sollte die Arbeit so organisiert werden, dass sich Tätigkeiten mit und ohne UV-Belastung abwechseln. Die Arbeiten könnten nach dem Rotationsprinzip auch auf mehrere Beschäftigte verteilt werden.

Wenn all diese Maßnahmen nicht dafür sorgen können, dass die Beschäftigten zuverlässig vor der Strahlung geschützt werden, kommen persönliche Schutzmaßnahmen zum Einsatz. Dazu gehören der Schutz des Kopfes, der Ohren und des Nackens durch Helme oder Kappen mit Nackenschutz. Leichte und luftdurchlässige Kleidung bedeckt den gesamten Körper. Dabei kommt es nicht auf deren Materialdicke an, sondern vielmehr auf die Webdichte. Spezielle UV-Schutzkleidung ist normalerweise nicht erforderlich. Ein Baumwollhemd mit langen Ärmeln bietet in unseren Breitengraden einen ausreichenden ­UV-Schutz. Nicht verdeckbare Bereiche wie Handrücken oder das Gesicht werden mit UV-Schutzcreme eingecremt, eine Prozedur, die nach jeweils zwei Stunden wiederholt werden muss. Für die Augen wird zusätzlich eine UV-Schutzbrille empfohlen.

Text: Franz Roiderer