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Folgenschwerer Sturz von der Leiter
„Mein Leben ist buchstäblich in die Brüche gegangen“
Es war eine einzige falsche Bewegung, die dazu führte, dass Landwirt Albert B.* von der Leiter fiel. Dieser Sturz hob sein Leben aus den Angeln. Mühsam versucht er seitdem, die Scherben wieder zusammenzusetzen.
Text: Petra Stemmler-Richter
AUF DEN PUNKT
- Eine Unachtsamkeit auf der Leiter kann schwerwiegende Folgen haben
- Berufsgenossenschaften unterstützen nach Unfällen beispielsweise mit Zuschüssen für Betriebshelfer oder technische Hilfsmittel/li>
- Schnell und handlungssicher Erste Hilfe leisten zu können, ist nach einem Unfall wichtig
Albert B. wollte nur noch schnell eine Schraube anziehen. „Ich habe dann die Balance verloren und bin gestürzt. Mit den Armen wollte ich noch meinen Kopf schützen, bevor ich auf den Boden aufgeschlagen bin. Danach war ich ohnmächtig“, erinnert sich der Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen. Eine zweite Person war zwar am Unfallort, doch diese stand dermaßen unter Schock, dass sie außerstande war, Erste Hilfe zu leisten. „Als ich wieder zu mir kam, habe ich selbst den Rettungswagen gerufen“, sagt Albert B.
Schwerste Brüche in den Sprunggelenken und Schienbeinen machten schmerzhafte Behandlungen und Reha-Aufenthalte notwendig. „Belastend waren auch die folgenden fünf Monate. Ich war auf den Rollstuhl angewiesen. Mühsam musste ich das Laufen erst wieder lernen“, so der Landwirt.
Körper und Seele haben Schaden genommen
Mindestens genauso schwer wie die körperlichen Verletzungen wiegen für den 57-Jährigen die seelischen. „Mein Leben ist buchstäblich in die Brüche gegangen“, fasst er sein Gefühl zusammen. „Ich weiß auch jetzt noch nicht, was ich künftig machen kann und soll.“ Sich widersprechende Diagnosen und Rückschläge im Heilungsverlauf machten den eigentlich lebensfrohen, optimistischen Mann mürbe. „Ich war traumatisiert, zeitweise sehr niedergeschlagen, konnte meine Fortschritte nicht mehr sehen. Meine Frau ermutigt mich zum Glück bis heute immer wieder. Meine Familie und zwei Hilfskräfte haben den Betrieb im Notprogramm weitergeführt.“
Bei einem derart schweren Unfall mit so langwierigen Verletzungsfolgen kann es auch finanziell schnell schwierig werden, weiß Albert B. inzwischen. Die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) bezuschusste einen Betriebshelfer. „Aber das reichte nicht aus, um meine Arbeitskraft voll zu ersetzen.“ Inzwischen hat die Wiedereingliederungsphase begonnen. Sie wird zeigen, wie belastbar Albert B. ist und in welchem Umfang er seine berufliche Tätigkeit künftig ausführen kann. „Ich versuche nun, stundenweise im Betrieb zu arbeiten. Mehr geht noch nicht. Das ist so frustrierend“, sagt er. „Problematisch ist für mich auch, dass erst nach der Wiedereingliederung vom Gutachter festgelegt wird, ob und in welcher Höhe ich eventuell eine Rente bekommen werde oder ob eine Betriebsfortführung überhaupt möglich sein wird.“ Die SVLFG prüft, inwieweit sie technische Arbeitsmittel – wie zum Beispiel Hebehilfen zum Bewegen schwerer Lasten, eine Putzmaschine für den Stall, einen Mini-Lader zum Ausmisten der Tiere oder angepasste Trittstufen zum Erreichen der Hühner-Nester– bezuschussen kann, sodass Albert B. seinen Betrieb trotz der gesundheitlichen Einschränkungen weiterführen kann.
Richtiges Handeln ist gefragt
Albert B. musste sich trotz schwerster Verletzungen selbst um eine notärztliche Versorgung kümmern. Dadurch ging wertvolle Zeit verloren. Dies zeigt, wie wichtig umsichtige, tatkräftige Ersthelfer bei einem Unfall sind. Wer zu einem Unfall kommt, muss sich zunächst einen Überblick verschaffen und dann umsichtig und der Situation angepasst handeln. Ist die verletzte Person bei klarem Bewusstsein, wird sie zum nächsten Arzt gebracht. Da das Unfallopfer unter Schock stehen kann, darf es nicht allein gelassen werden. Bei Bedarf muss unter der Telefonnummer 112 der Rettungsdienst verständigt werden. Abgefragt wird bei diesem Gespräch, wo sich die verletzte Person befindet, wie viele Personen betroffen sind, wie sich der Unfall mutmaßlich ereignet hat, welche Verletzungen erkennbar sind. Wichtig: Das Gespräch beendet die Rettungsleitstelle.
Erste Hilfe
Ausführliche Informationen zur Ersten Hilfe gibt es bei Unfallversicherungsträgern wie der SVLFG online: www.svlfg.de/notfall. Als Berufsgenossenschaft übernimmt die SVLFG die Lehrgangsgebühren für die Aus- und Fortbildung der erforderlichen Ersthelfer im Betrieb. Welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen, steht hier: www.svlfg.de/erste-hilfe
Ist die verletzte Person nicht ansprechbar, wird die Atmung überprüft und gegebenenfalls mit einer Herzdruckmassage begonnen. Atmet die Person, ist aber bewusstlos, wird sie in die stabile Seitenlage gebracht. Wunden werden versorgt. Eine Rettungsdecke sorgt für Wärme. Bei Sturzunfällen muss immer die Möglichkeit von Gehirnerschütterungen, Hirntraumata, Schädelbasisbrüchen oder Verletzungen der Wirbelsäule bedacht werden. Soweit es geht, sollte eine ansprechbare, aber bewegungsunfähige Person, die von der Leiter gestürzt ist, nur vom Rettungsdienst bewegt werden.
DIE AUTORIN:
Petra Stemmler-Richter arbeitet bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG). Die Berufsgenossenschaft trägt mit ihren Kenntnissen über die besonderen Bedürfnisse der Versicherten und deren Betrieben als Partner im ländlichen Raum zur größtmöglichen Arbeitssicherheit bei und unterstützt bei einer gesundheitsfördernden Lebensweise.
* Der Artikel wurde zum Schutz des Betroffenen anonymisiert.