- Editorial
- Schwerpunkt
- Mit schärferen Sanktionen zu mehr Sicherheit?
- Der PSA-Markt boomt
- Wenn der Zoll die Einfuhr stoppt
- PSA: Geprüfte Sicherheit
- Riskante PSA trotz Konformität?
- So funktioniert die Einfuhr aus China
- Kostenfrage PSA
- Gesund arbeiten in China
- Zwischen Abkühlung und Reformdruck
- Warum Arbeit in China gefährlich bleibt
- Interkulturelle Kompetenz als Erfolgsfaktor
- Das Image „Made in China“
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- Ausblick
Mit schärferen Sanktionen zu mehr Sicherheit?
Arbeitsschutz in China

Foto: Quality Stock Arts – stock.adobe.com
In China hat sich die Sicherheit am Arbeitsplatz in den letzten Jahren zunehmend verbessert, doch bleiben in vielen Branchen strukturelle Probleme bestehen. Eine Analyse der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner zeigt, dass trotz gesetzlicher Anpassungen die tatsächliche Umsetzung der Vorschriften nach wie vor herausfordernd ist.
Text: Franz Roiderer (Redaktion)
AUF DEN PUNKT:
- Trotz Fortschritten bei der Arbeitssicherheit in China sind die Unfallraten weiterhin hoch, besonders in der Bauindustrie und der Plattformwirtschaft
- Das überarbeitete Arbeitssicherheitsgesetz von 2021 setzt auf ein „duales Präventionssystem“ und verschärft die Sanktionen
- Unternehmen sollten ihre Arbeitsschutzvorkehrungen überprüfen, ein effektives Gefahrenmanagement implementieren sowie regelmäßige Schulungen durchführen
Ein großes Problem bei der Arbeitssicherheit in China ist die Intransparenz der offiziellen Zahlen. Arbeitsunfälle und Todesfälle werden oft nicht umfassend erfasst, und die Daten, die zur Verfügung stehen, sind oft nicht aussagekräftig. Dies erschwert die Analyse der Gefahrenquellen und die gezielte Prävention von Unfällen. Besonders problematisch ist, dass viele Unternehmen – vor allem in der Bauindustrie – die Sicherheitsvorkehrungen oft als zweitrangig ansehen und stattdessen die Produktivität und den Profit in den Vordergrund stellen.
In der Vergangenheit waren Unfälle besonders in der Schwerindustrie (wie der Kohleindustrie und Stahlproduktion) zu beobachten. Doch in den letzten Jahren hat sich das Bild verändert. Eine zunehmende Zahl von Unfällen ereignet sich heute auch in der Plattformwirtschaft und im Dienstleistungssektor. Die Zustellbranche, die mit Unternehmen wie Alibaba, Meituan und JD.com verbunden ist, liefert dabei besonders besorgniserregende Zahlen. Zustellfahrer gehören heute zu den gefährdetsten Berufsgruppen in China, es kommt zu vielen Unfällen mit Verletzungen und Todesfolge. Die Arbeitsverhältnisse der Zusteller sind oft nicht klar definiert, was die genaue Erfassung der Gefahren und das Verantwortungsmanagement erschwert.
Das Arbeitssicherheitsgesetz von 2021
Das überarbeitete Arbeitssicherheitsgesetz, das am 1. September 2021 in Kraft trat, stellt einen bedeutenden Schritt in Richtung einer besseren Arbeitsschutzpolitik dar. Es gibt eine Reihe von wesentlichen Neuerungen, die darauf abzielen, die Sicherheitsstandards zu erhöhen und die Verantwortlichkeit der Unternehmen zu stärken.
Ein zentrales Ziel der Reform war es, ein wirksameres Präventionssystem einzuführen. So wurde der Gesetzgeber dazu verpflichtet, ein „duales Präventionssystem“ zu schaffen, das sowohl das Management als auch die Kontrolle von Gefahren umfasst. Dies bedeutet, dass Unternehmen nicht nur für die Sicherheitsvorkehrungen in ihren Betrieben verantwortlich sind, sondern auch für die Identifizierung und Beseitigung potenzieller Gefahrenquellen, bevor sie zu Unfällen führen.
Die Reform hat außerdem die staatliche Überwachung und Kontrolle von Arbeitsschutzmaßnahmen gestärkt. Insbesondere in neuen Industrien wie der digitalen Wirtschaft sollen besser spezifizierte Aufsichtsbehörden dafür sorgen, dass die Arbeitsschutzvorgaben auch in diesen schnell wachsenden und oft schlecht regulierten Bereichen eingehalten werden.
Ein weiteres wichtiges Element der Reform betrifft die Verschärfung der Sanktionen bei Verstößen gegen das Arbeitssicherheitsgesetz. Insbesondere die Unternehmen, die gegen die neuen Vorschriften verstoßen, müssen mit höheren Bußgeldern rechnen. Bei schwerwiegenden Verstößen können die Bußgelder auf bis zu 100 Millionen Yuan (umgerechnet etwa 12 Millionen Euro) steigen, was eine erhebliche Erhöhung im Vergleich zu den früheren Höchstbeträgen darstellt. Auch für die für den Arbeitsschutz verantwortlichen Personen in den Unternehmen gibt es nun härtere Konsequenzen. Im Falle eines Verstoßes gegen die Arbeitsschutzvorgaben drohen Bußgelder, die bis zu 100 Prozent des Vorjahreseinkommens ausmachen können.
Handlungsempfehlungen für Arbeitgeber
Für Unternehmen in China ist es angesichts der neuen gesetzlichen Vorgaben wichtig, ihre bestehenden Sicherheitsvorkehrungen zu überprüfen und anzupassen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die in risikobehafteten Branchen tätig sind, wie etwa der Bauwirtschaft oder der digitalen Wirtschaft. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sie ein systematisches Gefahrenmanagement implementieren, das sowohl die Identifikation von Risiken als auch die Umsetzung präventiver Maßnahmen umfasst.
Ein erster Schritt sollte die Durchführung einer umfassenden Risikoanalyse sein, um potenzielle Gefahren am Arbeitsplatz frühzeitig zu erkennen. Insbesondere sollten Unternehmen darauf achten, ihre Mitarbeiter regelmäßig zu schulen und über Sicherheitsvorkehrungen sowie den Umgang mit potenziellen Gefahren zu informieren. Dies gilt nicht nur für die traditionelle Industrie, sondern auch für die Plattformwirtschaft und neue digitale Geschäftsmodelle, die durch das neue Gesetz explizit erfasst werden.
Gesundheitsrisiken durch Überarbeitung vermeiden
Zusätzlich sollten Unternehmen sicherstellen, dass sie die rechtlichen Ruhezeiten ihrer Mitarbeiter einhalten, um Überarbeitung und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken zu vermeiden. In der Technologiebranche und der Plattformwirtschaft, in der oft lange Arbeitszeiten herrschen, ist es besonders wichtig, die psychische und physische Gesundheit der Beschäftigten zu berücksichtigen.
Sollte es trotz aller Vorkehrungen zu einem Arbeitsunfall kommen, ist es entscheidend, schnell und transparent zu reagieren. Eine zügige Benachrichtigung der zuständigen Behörden sowie eine enge Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden können dazu beitragen, die rechtlichen Konsequenzen zu mildern. Unternehmen, die kooperativ mit den Behörden zusammenarbeiten, können mit milderen Strafen rechnen.