Gut organisiert

Auch kleinste, kleine und mittlere Unternehmen brauchen eine Arbeitsschutz­organisation. Sie ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern kann den Betrieb in mehrfacher Weise voranbringen.

Ein zeitgemäßer Arbeitsschutz ist weit mehr als ein bloßes Instrument zur Vermeidung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten: Er fördert gesundheitsgerechte Arbeitsplätze, erhöht die Qualität der Arbeit und die Zufriedenheit der Arbeitenden, senkt betriebliche Ausfallkosten und ist damit ein Beitrag zur Sicherung des betrieblichen Erfolgs. Konsequenter Arbeitsschutz ist deshalb immer eingebunden in die betrieblichen Führungs- und Ablaufstrukturen.

Sobald im Unternehmen auch nur ein einziger Mitarbeiter beschäftigt ist, ist der Unternehmer laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ein Arbeitgeber, der umfangreichen Pflichten hinsichtlich des Arbeitsschutzes nachkommen muss. Dazu gehört eine betriebliche Arbeitsschutzorganisation. In § 3 heißt es unmissverständlich: „Zur Planung und Durchführung der Maßnahmen … hat der Arbeitgeber … für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen.“

Viele Unternehmer scheuen trotz ihrer gesetzlichen Verpflichtung den vermeintlichen oder tatsächlichen bürokratischen Aufwand, den Wust an Verordnungen und Normen, die Störung der Betriebsabläufe sowie den erforderlichen finanziellen Aufwand. Dies mag verständlich sein, rechtswidrig bleibt es trotzdem. Dazu kommt: Eine betriebliche Arbeitsschutzorganisation ist für das Unternehmen auch mit betriebswirtschaftlichen Vorteilen verbunden, wenn sie planvoll und effizient aufgebaut ist. Eine Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ergab bereits 2013, dass für jeden eingesetzten Euro infolge geringerer Gefährdungen oder erhöhten Gefährdungsbewusstseins 2,20 Euro zurückfließen. Der sogenannte „Return on Prevention“ liegt daher bei 2,2. Dieser Begriff wurde geprägt in Anlehnung an die betriebswirtschaftliche Kennzahl „Return on Investment“ zur Messung des betriebswirtschaftlichen Erfolgs einer Investition.

Arbeitgeber mit mehr als 20 Beschäftigten sind gemäß § 11 Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sogar verpflichtet, einen Arbeitsschutzausschuss in ihrem Betrieb zu bilden. Dieser soll im Wesentlichen die Akteure im Arbeitsschutz und die mit der Unfallverhütung befassten Akteure zusammenbringen, um über die Angelegenheiten des Arbeitsschutzes zu beraten.

Jeder Betrieb, auch der kleinste, ist verpflichtet, sich in Sachen Sicherheit und Gesundheit von einer Fachkraft für Arbeitssicherheit und einem Betriebsarzt beraten zu lassen. Bei Kleinbetrieben werden diese Leistungen in der Regel extern eingekauft. Das gesamte Prozedere dieser Betreuung wird in der DGUV Vorschrift 2
„Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ beschrieben. Kleinunternehmen unter 50 Beschäftigten können neben der sogenannten „Regelbetreuung“ ein „Unternehmermodell“ wählen, bei dem der Unternehmer selbst wichtige Aufgaben im Arbeits- und Gesundheitsschutz erfüllt.

DAS UNTERNEHMERMODELL BESTEHT AUS FOLGENDEN ELEMENTEN:

  • Einmalige Teilnahme des Unternehmers an bestimmten Seminaren oder Fernlehrgang (Unterschiede je nach Branche)
  • Gefährdungsbeurteilung durch den Unternehmer im eigenen Betrieb (im Bedarfsfall mit externer Unterstützung)
  • Regelmäßige Teilnahme des Unternehmers an Fortbildungen
  • Bedarfsgerechte Betreuung des Betriebs durch Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit bei bestimmten Anlässen

Wenn der Kleinbetrieb nicht am Unternehmermodell teilnimmt, unterliegt er automatisch der Regelbetreuung mit festen Fristen oder mit Grundbetreuung und betriebsspezifischer Betreuung. Die Regelbetreuung ist üblicherweise aufwendiger für den Unternehmer.

Für den Aufbau des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes gibt es keinen Weg, der für alle Unternehmen allgemeingültig ist. Aufbau und Umfang orientieren sich immer an den konkreten betrieblichen Gegebenheiten. Der Grundpfeiler jeder Arbeitsschutzorganisation ist die Gefährdungsbeurteilung. Arbeitgeber sind deshalb nach § 5 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, an jedem Arbeitsplatz möglicherweise bestehende Gefährdungen zu ermitteln und zu beurteilen sowie die sich daraus ergebenden Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen. Zu beachten ist: Die Gefährdungsbeurteilung wird nicht nur einmal gemacht und dann im Schrank verschlossen. Bei jeder Änderung der Arbeitsbedingungen, sei es durch eine neue Maschine oder bauliche Maßnahmen, muss die Gefährdungsbeurteilung aktualisiert werden.

Neben der Ermittlung von Gefährdungen und deren Beurteilung enthält die Gefährdungsbeurteilung auch die Maßnahmen, die durchgeführt werden müssen, um die Beschäftigten zu schützen. Dazu zählen beispielsweise die Ausstattung mit persönlichen Schutzausrüstungen oder ein Flucht- und Rettungsplan. Die Durchführung und die Wirksamkeit der Maßnahmen müssen geprüft werden. Die betriebliche Arbeitsschutzorganisation beinhaltet auch die vorgeschriebenen, regelmäßigen Unterweisungen der Mitarbeiter sowie, wenn nötig, Betriebsanweisungen.

Ob die Arbeitsschutzorganisation eines Betriebs die notwendigen Kriterien erfüllt, kann durch Berufsgenossenschaften, Unfallkassen der öffentlichen Hand sowie durch die staatliche Gewerbeaufsicht jederzeit überprüft werden. Deren Mitarbeiter dürfen zu den Betriebs- und Arbeitszeiten Betriebs- und Geschäftsräume oder Betriebsstätten ohne Voranmeldung betreten, besichtigen und prüfen. Der Betrieb muss das zulassen.

Sind die gesetzlichen Mindestanforderungen im Unternehmen nicht erfüllt, erhalten Arbeitgeber eine Beratung und eine Fristsetzung für die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen. Bei Gefahr im Verzug kann sogar eine sofortige Stilllegung der betroffenen Arbeitsmittel oder Anlagen angeordnet werden.

Für die Analyse wertete das Forscherteam über 19.000 Datensätze aus 18 Studien aus, die sich mit psychosozialen Arbeitsmerkmalen in Zusammenhang mit CLBP beschäftigen. Die Ergebnisse der umfangreichen Untersuchung waren eindeutig: Menschen mit hoher Arbeitsbelastung leiden häufiger an chronischem Rückschmerz, Arbeitnehmer mit größeren Handlungs- und Entscheidungsspielräumen waren weniger betroffen. Ein weiteres Ergebnis war, dass Rückenschmerzen weniger auftraten, wenn betroffene Menschen am Arbeitsplatz soziale Unterstützung von ihren Vorgesetzten und Kollegen erfuhren.

DIE 7 SCHRITTE DER
GEFÄHRDUNGS­BEURTEILUNG

Gefährdungsbeurteilung/Gut organisiert/Arbeitsschutz
Grafik: Liebchen+Liebchen GmbH

1 Arbeitsbereich und Tätigkeiten festlegen

2
Gefährdung ermitteln

3
Gefährdung beurteilen

4
Maßnahme festlegen

5
Maßnahme durchführen

6
Wirksamkeit prüfen

7
Gefährdungsbeurteilung fortschreiben

Text: Franz Roiderer